Sie war schön, sie war sinnlich, sie musste keine Tabus brechen, die sie nicht kannte. Täglich ging sie schwimmen, weil sie die Eleganz von Fischen bewunderte. Eine Zeitlang flanierte sie in Paris mit einem zahmen Leoparden an der Seite. Dass sie mit jedem Zimmerkellner ins Bett gehen konnte, spielte für sie eigentlich keine Rolle. George Simenon, der später von sich sagte, er schlafe mit mehreren Frauen täglich, hätte sie sehr gerne geheiratet. Aber sie war ihm nur sexuell ebenbürtig. Denn als Europa ihr bereits zu Füßen lag, war er erst ein kleiner Journalist und sortierte ihre Post. „Ein Geiger hat seine Geige, ein Maler hat seine Palette. Ich hatte nur mich selbst. Ich war das Instrument, um das ich mich kümmern musste“, erinnerte sie sich. Sie rieb ihren Körper mit Zitrone ein und beschäftigte eine Maniküre, eine Pediküre und mehrere Coiffeure. Die großen Couturiers von Paris arbeiteten für sie.
Dann wieder floh sie aufs Land. Und lebte bäuerlich zwischen ihren dreizehn Hunden verschiedener Rasse, die sie sich nach und nach von der Straße geholt hatte. Als sie älter wurde, begann sie Kinder zu sammeln. Am Anfang stand das Projekt einer kleinen, bunten Familie: ein weißes, ein rotes, ein schwarzes, ein gelbes. Der ersten beiden brachte sie aus Japan mit (es war nur eines geplant, aber ein zweites im Waisenhaus war auch so goldig). Dann kam eins aus Finnland, ziemlich weiß, und eins aus Kolumbien, ziemlich schwarz. „Ich denke, du bringst uns einen amerikanischen Indianer mit“, soll der Ehemann zweifelnd gefragt haben. „Die sind schwer zu finden“, habe sie geantwortet.
Um auch die Weltreligionen abzudecken, reiste sie nach Israel. Aber die Israelis gaben keinen Jungen zur Adoption ins Ausland frei und sie wollte eigentlich nur männliche Adoptivkinder (damit es nicht zu sexuellen Konflikten käme). Also nimmt sie den kleinen, zehn Monate alten Moise aus einem französischen Kinderheim. Zum Entsetzen des braven Ehemannes werden es immer mehr: Zwei Kinder aus Nordafrika und eines von der Elfenbeinküste, endlich auch ein putziger kleiner Indianer aus Venezuela und noch ein Baby aus einer Pariser Mülltonne. Sie nennt es Noël, weil es kurz vor Weihnachten gefunden wurde. Als sie mit der kleinen Sellina 1962 ihr kleine „Regenbogenfamilie“ vervollständigt (sie war bereits Mitte fünfzig), ist der Gatte schon auf und davon. Sie bleibt attraktiv bis ins hohe Alter und hat kurz vor ihrem 69. Geburtstag noch ein strahlendes Comeback in Paris. Wenige Tage später findet man sie im Koma. Hirnschlag sagen die Ärzte.
Wer war die tierhafte Sängerin, von der Freunde sagten, sie sei vor Freude gestorben?
Die amerikanisch-französische Sängerin, Tänzerin und Schauspielerin, die sich als Tochter einer Waschfrau und eines Schlagzeugers aus ärmlichen Verhältnissen hocharbeitete und zeitlebens eine engagierte Kämpferin gegen Rassismus war, etwa, indem sie 12 Waisenkinder unterschiedlicher Hautfarbe adoptierte. Burlesque-Darstellerin, Chorus-Girl, Charleston-Tänzerin - sie zählte in den 1920er-Jahren zu den erfolgreichsten amerikanischen Unterhalterinnen. Legendär ist ihr Tanz im Bananenröckchen im Pariser Folies Bergère. Im Krieg arbeitete sie für die Résistance und machte den Pilotenschein, mit Mitte 50 wurde sie Freimaurerin.
Ihr Name: Josephine Baker (1906–1975).