Lisa Quade, 31, trägt bei der Arbeit meist weiße Baumwollhandschuh. Als sogenannte Registrarin kümmert sie sich um das Heiligste in einem Museum: die Ausstellungsobjekte. Die Berlinerin arbeitete bereits für die Dauerausstellung im Tränenpalast sowie für temporäre Ausstellungen im Pergamonmuseum und im Martin-Gropius-Bau. Zurzeit hilft sie dabei, die Sammlung des geplanten Museums zum Thema Flucht, Vertreibung, Versöhnung aufzubauen.
Frau Quade, Sie arbeiten hinter den Kulissen eines Museumsbetriebes. Was gehört zu Ihren Aufgaben?
Ich kümmere mich darum, dass das richtige Objekt zur richtigen Zeit und im richtigen Licht in der Vitrine steht - oder an der Wand hängt. Dafür stehe ich mit allen in Kontakt: Kuratoren, Leihgebern, Versicherungen, Ausstellungsarchitekten, Technikern und Sicherheitsleuten.
Das klingt nach vielen Fäden, die Sie zusammenhalten müssen.
Auf jeden Fall. Und umso näher ein Ausstellungstermin rückt, desto aufregender wird es. (lacht)
Zurzeit helfen Sie dabei, die neue Dauerausstellung der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung aufzubauen. Was ist der Unterschied, wenn man nicht mit Kunstwerken, sondern mit Alltagsgegenständen arbeitet?
Wir haben Tagebücher, Handwagen, Kinderspielzeug oder auch Essgeschirr und Kleidungsstücke in unserer Sammlung. Ohne die Geschichte dahinter ist ein alter Mantel aber nicht viel wert. Darum vermesse, wiege und datiere ich nicht nur die Objekte, sondern unsere Kuratoren sprechen auch mit denen, die ihre Schätze zu uns bringen - manchmal sind es die Menschen, die selbst Flucht erlebt haben, mal ihre Nachfahren. Wir wollen so viel wie möglich über sie und die Geschichte der Gegenstände erfahren.
Mit welchen Gefühlen bringen die Leute ihre Erinnerungsstücke?
Viele sind erleichtert, dass die Sachen nun sicher und für die nächsten Generationen bewahrt werden. Andere wünschen sich, dass ihre Objekte später tatsächlich in der Dauerausstellung zu sehen sind - und nicht "nur" in unserem Depot landen. Ihre Lebensgeschichte soll endlich richtig sichtbar und erzählt werden.
Das Dokumentationszentrum zum Thema Flucht, Vertreibung, Versöhnung wird voraussichtlich 2020 in Berlin eröffnen. Weiterhin werden für die Sammlung schriftliche Zeitzeugenberichte über Flucht und Neuanfang gesucht, aber auch Tagebücher, Briefe, Fotos, Zeichnungen, Ausweise und sonstige Dokumente. Einen umfangreichen Bericht über das Depot gibt es hier: Dinge, die von Flucht erzählen.